„Den Fußball nicht überfordern“

In Fußball-Stadien gibt es international verbreitet homophobe Stimmungen und Gesänge. Patrick Gasser ist bei der Uefa (Union of European Football Associations) für soziale Tätigkeiten zuständig. Aktuellinfo sprach mit dem Uefa-Mitarbeiter darüber, wie der Verband dem Problem Homophobie entgegen treten kann.

Der Schweizer kümmert sich darum, dass der europäische Fußballverband seiner sozialen Verantwortung gerecht wird und koordiniert dafür unter anderem Projekte. Im Kampf gegen Homophobie kann der Fußball nicht alles leisten, gibt Gasser zu.

 

Herr Gasser, wie glauben Sie, kann man die verschiedenen Kulturen der Uefa-Mitgliedsverbände für ein gemeinsames Ziel wie die Anti-Diskriminierung zusammenführen?

Gasser: „Indem man in einem Netzwerk mit Nicht-Regierungsorganisationenarbeitet, die von der Situation vor Ort Kenntnis haben und genau wissen, wo der Schuh drückt.“

Aber ist die Denkweise in einem Thema wie der Homophobie beispielsweise unter Polen, Deutschen und Spaniern überhaupt vereinbar?

„Ja natürlich ist das vereinbar. Man muss die Situation so nehmen, wie sie ist. Die Entwicklung der Gesellschaft ist nicht überall gleich weit, deshalb muss man sie dort abholen, wo sie sind und versuchen, das konstruktiv zu bearbeiten.“

Wie viel kann die Uefa in diesem Prozess bewegen?

„Man muss einfach aufpassen, dass man den Fußball nicht überfordert. Der Fußball kann seinen Teil dazu beitragen, aber der Fußball kann nicht von alleine Probleme wie Rassismus, Diskriminierung oder Homophobie lösen. Da kann man einen Beitrag leisten, aber es braucht die Unterstützung von ganz vielen verschiedenen Mitspielern in der Gesellschaft, um ans Ziel zu kommen. Der Fußball ist nicht per Definition rassistisch oder diskriminierend, sondern das sind Teile der Gesellschaft. Der Fußball ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Damit muss man umgehen. Der Fußball soll aber seine Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten.“

Worin liegen Ihre Hoffnungen, dabei Fortschritte zu erreichen?

„Ich glaube, in der Gesellschaft gab es schon immer rassistische und diskriminierende Tendenzen. Wichtig ist, dass man sie aufgreift und bearbeitet, das heißt etwas dagegen unternimmt. Aber ich glaube es ist illusorisch zu denken, dass man in einer absehbaren Frist jegliche Art von Diskriminierung oder Rassismus aus der europäischen Gesellschaft eliminiert. Es gibt solche Formen im arabischen Kulturkreis ebenso wie im asiatischen und im afrikanischen. Das gibt es überall auf der Welt, das ist kein europäisches Phänomen, es lebt sich nur anders aus.“

Macht die Uefa aber genug im Kampf gegen Diskriminierung?

„Die Frage ist: Was wäre genug? Aber ich denke, wir leisten unseren Beitrag über den Fußball.“

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