Selten spürt man bereits in der Gegenwart eine historische Bedeutung. Als sich US-Präsident Barack Obama und der kubanische Präsident Rául Castro am Rande des Amerika-Gipfels in Panama aber zu einem Gespräch trafen, war das der Fall. Obama selbst bezeichnete das 80-minütige Gespräch der beiden Staatsoberhäupter als „historisches Treffen“.
Um die Größe der Situation begreifen zu können, muss man auf die Geschichte von Kuba und den USA zurück blicken. Das letzte Treffen zwischen eines kubanischen und amerikanischen Regierungschefs liegt 59 Jahre zurück. Seitdem belasteten Embargos, Verhaftungen und Kriegsandrohungen das Verhältnis.
Kubanische Revolutionäre von den USA nicht als Regierung anerkannt
Angefangen hat der Streit mit dem Sturz der kubanischen Diktatur 1959. Die Revolutionäre Fidel Castro und Che Guevara sowie der heutige Präsident Rául Castro führten den Sturz an. Als Fidel Castro sich als neuer Anführer des Landes sieht und für ein Treffen in die USA reist, lehnt der amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower einen Empfang ab.
Symbol der Revolution: Che Guevara
Nachdem die Kubaner amerikanisches Eigentum und Land enteignen, reagieren die Vereinigten Staaten und verhängen ein Teilembargo, beendeten später jegliche Handelsbeziehungen. 1961 versuchen die Amerikaner, durch kubanische Söldner die Castro-Brüder und Che Guevara zum Sturz bringen. Der Plan misslingt und hat für die USA schwere Folgen: Kuba verstärkt die Beziehungen zur Sowjetunion.
Die Welt stand kurz vor einem Atomkrieg
Ein Jahr darauf erreicht die Kuba-Krise ihren Höhepunkt. 15 Tage lang herrscht eine Ausnahmesituation: Die Sowjetunion stationierte Raketen auf Kuba, die USA ihrerseits in der Türkei. Der damalige US-Präsident John F. Kennedy drohte, die USA werde auf einen Angriff gegebenfalls mit Atomwaffen reagieren. Nach langen Verhandlungen und einer Seeblockade der USA einigen sich Kennedy und der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow darauf, die Raketen jeweils abzuziehen.
Über die Jahrzehnte wechselten die Amtsinhaber auf Seiten der USA – die gegenseitige Ablehnung blieb. Viele Kubaner folgten dem Lockruf der Amerikaner und reisten aus Kuba aus. Die USA verschärften je nach Lage das Handelsembargo. Erst die Jahrtausend-Wende brachte wieder eine Annäherung. Erstmals gab es von amerikanischen Firmen wieder Lieferungen nach Kuba – zunächst aber nur in Form von humanitärer Hilfe.
Trotz Gespräch: Beide Obama und Castro sehen große Differenzen
Nachdem Obama 2009 dann Reisebeschränkungen für Kubaner aufhob, folgten Gespräche zwischen den Regierungen. Fünf Jahre später beschlossen Obama und Raúl Castro, dass die Botschaften in dem jeweils anderen Land wieder eröffnet werden sollten. Die USA schwächten das Embargo ab, die Kubaner lassen im Gegenzug politische Gefangene frei. Kleine Schritte, die nun zu „historischen Treffen“ führten.
Das Gespräch der beiden Staatsoberhäupter offenbarte: Es gibt große Differenzen – nur der Umgang damit soll künftig harmonischer sein. So befand Obama nach dem Austausch: „Wir konnten uns ehrlich über unsere Meinungsverschiedenheiten und Bedenken unterhalten.“ Wichtig sei dabei der gegenseitige Respekt, betonte Castro.
Obama betonte, man werde nicht aufhören, „über Themen wie Demokratie, Menschenrechte sowie die Versammlungs- und Pressefreiheit zu sprechen.“ Der Pressesprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagt voraus: „Wir werden weiter Meinungsverschiedenheiten mit Kuba haben.“ Beide Seiten wissen darum.
Kuba leidet „entsetzlich“ unter dem Handelsembargo
Für Kuba wäre ein Wegfall der Handelsbeschränkungen wirtschaftlich enorm wichtig. Die Folgen des Embargos seien für Kuba „entsetzlicher, als sich jeder vorstellen kann“, sagte Castro. Das ist einer der Gründe, warum eine weitere Annäherung forciert wird. Das wird Zeit brauchen, so schätzt der kubanische Präsident: „Wir müssen geduldig sein, sehr geduldig.“
Den aktuellen US-Präsidenten nahm Castro von der bisherigen Geschichte aus: „Präsident Obama hat damit nichts zu tun. Er ist ein ehrlicher Mann.“ Ein Satz, bei dem Ráuls großer Bruder vermutlich vom Stuhl gekippt wäre, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Aber genau diese Ansicht Rául Castros ermöglicht erst neue Gespräche und in Zukunft eventuell ein unbeschwertes Miteinander.
Kuba fordert: Keine Sanktionen mehr
Aus dem Treffen sollen nach dem Willen Kubas vor allem zwei Handlungen folgen: Die Streichung von der amerikanischen Liste als „Terror-Land“ sowie die Beendigung der Sanktionen. Für Ersteres wird sich die USA wohl entscheiden – die Streichung der Sanktionen aber kann Obama aufgrund seiner verlorenen Mehrheit im Kongress mit den Demokraten nicht alleine entscheiden.
Weiterführende Quellen:
Die Zeit berichtet Hintergründe zur Streichung Kubas von der Terror-Liste:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-04/usa-kuba-beziehung-castro-obama-terrorliste
Bereits ein Händedruck zwischen Obama und Castro Ende 2013 war als „Novum“ bezeichnet worden, wie der Spiegel berichtet:
Die Deutsche Wirtschaftsnachrichten gehen auf die emotionale Rede Castros ein, in der er die USA kritisiert: