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Zwei Jahre NSA-Enthüllungen für Nichts?

Sieht man das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland als Verhältnis zwischen zwei Freunden, so mag man gar nicht glauben, dass die Freundschaft weiterhin besteht. Anders formuliert: Wie kann man einem Freund trauen, der einen hintergeht, dann nicht Rede und Antwort steht, um schließlich weiter zu hintergehen.

Das Ausmaß des Skandals ist eigentlich groß. Die National Security Agency (NSA) holt sich seit Jahren mit Überwachungsmethoden Telefon- und Internetdaten ein. In ihrer Kritik und Schlussfolgerung hält sich die Bundesregierung aber zurück. Auch als die deutsche Regierung in persona Angela Merkel durch das Ausspähen ihres Handys persönlich angegriffen wurde, beließ es die Kanzlerin bei der Aussage: „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht.“

Spionage-Ziele: Von Bürgern über Unternehmen, bis hin zu Regierungen

Die NSA hat sich sehr intensiv um ihr Aufgabengebiet, den Geheimdienst im Ausland, gekümmert. Daten von verbündeten und nicht verbündeten Ländern, einzelne Politiker, Kommissionen, Unternehmen, Bürger – der amerikanische Geheimdienst hat in großem Stil spioniert. Dieser Skandal wäre ohne einen ehemaligen Mitarbeiter des Geheimdienstes nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Für die Einen ist Edward Snowden ein Held, für die anderen ein Verräter. Der Amerikaner hat im Sommer vor zwei Jahren über großes Unrecht berichtet – gleichzeitig aber Dienstgeheimnisse seines Arbeitgebers verraten. Letzteres wirft ihm der amerikanische Staat vor, Snowden ist wegen Spionage angeklagt.

Snowden führt ein Leben im Verborgenen – der große Dank bleibt aber aus

Wenn man die weltweite Resonanz auf seine Enthüllungen beobachtet, stellt sich die Frage: Hat es sich gelohnt? Snowden führt ein Leben auf der Flucht, lebt mittlerweile in Russland. Eine Rückkehr in sein Heimatland ist vorerst nicht denkbar, schon gar nicht straffrei. Nach einer großen Welle der Empörung ebbte die Wut auf die NSA über die Zeit ab.

Dabei hätten die Ausspionierten allen Grund zur Verärgerung. Die NSA argumentiert mit der Terrorgefahr – gerät aber angesichts der Spionage von Unternehmen in Erklärungsnot. Antworten erhielt die Bundesregierung damals von keinem führenden Regierungspolitiker der USA. Auch dann nicht, als Kanzleramtsminister Peter Altmaier im Auftrag des Bundestags persönlich einreiste. Aus dem Weißen Haus war lediglich zu hören, dass die Kommunikation der Bundeskanzlerin nicht abgehört werde – zur Vergangenheit kein Kommentar.

NSA-Ausschuss: Sollte aufklären, wird aber ebenfalls ausspioniert

Im März 2014 gründete die Bundesregierung den NSA-Ausschuss. Dieser sollte die Lage aufklären – im Juli wurde bekannt, dass die USA einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) damit beauftragten, Informationen über den NSA-Ausschuss einzuholen. Ein weiterer und sehr harter Affront, der dem deutsch-amerikanischen Verhältnis aber keinen Abbruch tat.

Im Zuge eines neuerlichen Skandals um die NSA-Affäre blieb Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenfalls zurückhaltend. So wurde nun bekannt, dass die NSA auch nach Aufkommen der Snowden-Enthüllungen im Sommer 2013 noch monatelang Spionage betrieben hat. Der BND wurde von der NSA missbraucht, indem Suchbegriffe untergeschoben wurden.

BND und NSA: Spionierte der deutsche Geheimdienst im Auftrag der USA?

So hat der BND quasi im Auftrag der NSA unter deutschen und europäischen Unternehmen und Institutionen spioniert. Dabei soll es sich um etwa 40 000 solcher Suchbegriffe gehandelt haben. „Der Verrat“, titelte der Spiegel dazu in seiner aktuellen Ausgabe und konstatiert im Untertitel: „BND und Bundesregierung gegen deutsche Interessen.“

Viele Fragen sind derzeit offen. Wie konnte es der NSA gelingen, dass der BND in amerikanischem Interesse ausspionierte? Handelte der BND freiwillig in Kooperation mit den Amerikanern? Was wusste die deutsche Regierung? Wie gut oder schlecht Deutschland im NSA-Skandal dasteht, wird auch davon abhängen, wie die Aufklärung von nun an betrieben wird.

 

 

 

 

 

 

 

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NPD-Verbot: Das sind die Risiken

Nazis? Die sollen in der Politik nicht mitbestimmen dürfen! Ganz so einfach, wie es in der Diskussion um das Verbotsverfahren der NPD oft zu hören ist, ist es dann doch nicht. Zum einen gibt es fundierte Zweifel, ob Parteien in einer Demokratie verboten werden sollten, zum anderen ist ein solches Parteiverbotsverfahren nicht hürdenlos zu bewältigen.

Diese Hürden verschrecken, die Antragssteller werden vorsichtig. Einen solchen Antrag können drei Organe stellen: Der Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung. Acht Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe entscheiden dann darüber. Für ein Verbot bedarf es aber der Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Abstimmenden, was sechs Richtern entspricht.

Erster Antrag scheiterte 2003: Skandal um V-Leute in NPD-Spitze

Warum sich die drei genannten Organe mit einem Antrag schwer tun, lässt sich neben den Hürden auch mit dem ersten gescheiterten NPD-Verbotsverfahren gut beschreiben. 2001 beantragten sowohl die Bundesregierung, als auch der Bundesrat und Bundestag das Verfahren. Zwei Jahre später wurde es ohne Anhörung oder Verhandlung vom Bundesverfassungsgericht eingestellt.

Zu einer abschmetternden Niederlage entwickelte sich der Antrag, weil Mitarbeiter vom Verfassungsschutz als führende Kräfte in der NPD agiert haben sollen. Letztendlich beruhten zu viele Beweise – wie verfassungsfeindliche Aussagen – auf Menschen, die eigentlich gar nicht für die NPD aktiv waren. Der damalige Innenminister Otto Schily dementierte noch, dass die NPD durch V-Leute (Vertrauenspersonen) des Verfassungsschutzes gesteuert worden sei. Das Verfahren wurde wegen der Problematik um die V-Leute dennoch für beendet erklärt.

 Soll man die NPD überhaupt verbieten?

Häufig treffen zwei Argumente aufeinander. Für ein Verbot der NPD spricht die Ausrichtung der Partei. Wer die Demokratie und Verfassung angreift, soll politisch nicht agieren dürfen. Dagegen spricht allerdings: Die Stärke einer ausgewogenen Demokratie sollte es sein, auch extrem anderweitige Meinungen zuzulassen. Gerade seit der NS-Zeit sind Parteien durch das Grundgesetz besonders vor Verboten geschützt.

Fernab davon wird oftmals die politische Belanglosigkeit der NPD als Argument genannt. Mit 1,3 Prozent der Stimmen war die Partei bei der Bundestagswahl 2013 weit davon entfernt, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Die rund 5000 Mitglieder erscheinen mickrig gegenüber etablierten Parteien wie der CDU oder SPD, die jeweils etwa die 100-fache Anzahl verzeichnen.

Die Partei kratzt, was ihr politisches Mitspracherecht angeht, an der Bedeutungslosigkeit.  Aber schließlich erhält sie Geld vom Staat: Ihre Haupteinnahmequelle sind Gelder aus der staatlichen Parteienförderung – und die erhält die Partei bereits dadurch, dass sie bei Landtagswahlen in der Mehrheit der Bundesländer mehr als ein Prozent der Stimmen bekommt. Doch sollte es bei einem Parteiverbot nicht eher um Grundsätzliches gehen, anstatt ein Verfahren erst bei politischer Relevanz anzutreiben?

Neuer Vorstoß: Bundesrat beantragt Verbot ein zweites Mal

Die deutliche Absage des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2003 sorgte für Ernüchterung unter den Befürwortern des Verbots. Lange Zeit blieb es um diese Thematik deshalb still. Nachdem Verbindungen der NPD mit der terroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) bekannt wurden, kamen die Forderungen nach einem Verbot der Partei wieder auf.

Im Dezember 2012 beschloss der Bundesrat, einen erneuten Antrag stellen zu wollen. Die Bundesregierung entschied sich gegen einen eigenen Antrag – auch im Bundestag fand dies keine Mehrheit mehr. Nach einem heutigen Bericht der taz ist allerdings wieder ein Streit um die V-Leute entbrannt. Demnach möchte Thüringen als einziges Bundesland seine Informanten aus der NPD abziehen.

„Ein Scheitern des Verfahrens wäre eine Katastrophe.“

Ein potentielles Problem, zu viele Entscheider und vom Staat bezahlte Informanten in der NPD zu haben, scheint damit nicht gelöst, die Aussichten bleiben wage. Die taz zitiert den Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU). Dieser spricht sich wegen der „wachsenden Gefahr im politischen Extremismus“ gegen den Abzug von V-Leuten aus – viel mehr seien diese „unverzichtbar“.

Bundestagspräsident Norbert Lammert bringt die Befürchtungen auf den Punkt: „Alle sind sich einig, dass ein Scheitern eines Verfahrens eine kaum überbietbare politische Katastrophe wäre.“ Nun forderte das Bundesverfassungsgericht den Bundesrat auf, mehr Nachweise einzubringen, dass in der Anklage kein Material von V-Leuten enthalten ist. Bis Mai hat der Bundesrat Zeit, entsprechende Belege einzureichen.

 

 Weiterführende Quellen:

Für Die Welt kommentiert Thomas Schmid, warum ein NPD-Verbot keinen Sinn macht:

http://www.welt.de/debatte/kommentare/article115619283/Warum-die-NPD-nicht-verboten-werden-darf.html

In der Zeit nennen Özlem Topcu und Heinrich Wefing Vorteile eines NPD-Verbots:

http://www.zeit.de/2012/50/NPD-Verbot-Pro-Contra