Nazis? Die sollen in der Politik nicht mitbestimmen dürfen! Ganz so einfach, wie es in der Diskussion um das Verbotsverfahren der NPD oft zu hören ist, ist es dann doch nicht. Zum einen gibt es fundierte Zweifel, ob Parteien in einer Demokratie verboten werden sollten, zum anderen ist ein solches Parteiverbotsverfahren nicht hürdenlos zu bewältigen.
Diese Hürden verschrecken, die Antragssteller werden vorsichtig. Einen solchen Antrag können drei Organe stellen: Der Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung. Acht Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe entscheiden dann darüber. Für ein Verbot bedarf es aber der Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Abstimmenden, was sechs Richtern entspricht.
Erster Antrag scheiterte 2003: Skandal um V-Leute in NPD-Spitze
Warum sich die drei genannten Organe mit einem Antrag schwer tun, lässt sich neben den Hürden auch mit dem ersten gescheiterten NPD-Verbotsverfahren gut beschreiben. 2001 beantragten sowohl die Bundesregierung, als auch der Bundesrat und Bundestag das Verfahren. Zwei Jahre später wurde es ohne Anhörung oder Verhandlung vom Bundesverfassungsgericht eingestellt.
Zu einer abschmetternden Niederlage entwickelte sich der Antrag, weil Mitarbeiter vom Verfassungsschutz als führende Kräfte in der NPD agiert haben sollen. Letztendlich beruhten zu viele Beweise – wie verfassungsfeindliche Aussagen – auf Menschen, die eigentlich gar nicht für die NPD aktiv waren. Der damalige Innenminister Otto Schily dementierte noch, dass die NPD durch V-Leute (Vertrauenspersonen) des Verfassungsschutzes gesteuert worden sei. Das Verfahren wurde wegen der Problematik um die V-Leute dennoch für beendet erklärt.
Soll man die NPD überhaupt verbieten?
Häufig treffen zwei Argumente aufeinander. Für ein Verbot der NPD spricht die Ausrichtung der Partei. Wer die Demokratie und Verfassung angreift, soll politisch nicht agieren dürfen. Dagegen spricht allerdings: Die Stärke einer ausgewogenen Demokratie sollte es sein, auch extrem anderweitige Meinungen zuzulassen. Gerade seit der NS-Zeit sind Parteien durch das Grundgesetz besonders vor Verboten geschützt.
Fernab davon wird oftmals die politische Belanglosigkeit der NPD als Argument genannt. Mit 1,3 Prozent der Stimmen war die Partei bei der Bundestagswahl 2013 weit davon entfernt, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Die rund 5000 Mitglieder erscheinen mickrig gegenüber etablierten Parteien wie der CDU oder SPD, die jeweils etwa die 100-fache Anzahl verzeichnen.
Die Partei kratzt, was ihr politisches Mitspracherecht angeht, an der Bedeutungslosigkeit. Aber schließlich erhält sie Geld vom Staat: Ihre Haupteinnahmequelle sind Gelder aus der staatlichen Parteienförderung – und die erhält die Partei bereits dadurch, dass sie bei Landtagswahlen in der Mehrheit der Bundesländer mehr als ein Prozent der Stimmen bekommt. Doch sollte es bei einem Parteiverbot nicht eher um Grundsätzliches gehen, anstatt ein Verfahren erst bei politischer Relevanz anzutreiben?
Neuer Vorstoß: Bundesrat beantragt Verbot ein zweites Mal
Die deutliche Absage des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2003 sorgte für Ernüchterung unter den Befürwortern des Verbots. Lange Zeit blieb es um diese Thematik deshalb still. Nachdem Verbindungen der NPD mit der terroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) bekannt wurden, kamen die Forderungen nach einem Verbot der Partei wieder auf.
Im Dezember 2012 beschloss der Bundesrat, einen erneuten Antrag stellen zu wollen. Die Bundesregierung entschied sich gegen einen eigenen Antrag – auch im Bundestag fand dies keine Mehrheit mehr. Nach einem heutigen Bericht der taz ist allerdings wieder ein Streit um die V-Leute entbrannt. Demnach möchte Thüringen als einziges Bundesland seine Informanten aus der NPD abziehen.
„Ein Scheitern des Verfahrens wäre eine Katastrophe.“
Ein potentielles Problem, zu viele Entscheider und vom Staat bezahlte Informanten in der NPD zu haben, scheint damit nicht gelöst, die Aussichten bleiben wage. Die taz zitiert den Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU). Dieser spricht sich wegen der „wachsenden Gefahr im politischen Extremismus“ gegen den Abzug von V-Leuten aus – viel mehr seien diese „unverzichtbar“.
Bundestagspräsident Norbert Lammert bringt die Befürchtungen auf den Punkt: „Alle sind sich einig, dass ein Scheitern eines Verfahrens eine kaum überbietbare politische Katastrophe wäre.“ Nun forderte das Bundesverfassungsgericht den Bundesrat auf, mehr Nachweise einzubringen, dass in der Anklage kein Material von V-Leuten enthalten ist. Bis Mai hat der Bundesrat Zeit, entsprechende Belege einzureichen.
Weiterführende Quellen:
Für Die Welt kommentiert Thomas Schmid, warum ein NPD-Verbot keinen Sinn macht:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article115619283/Warum-die-NPD-nicht-verboten-werden-darf.html
In der Zeit nennen Özlem Topcu und Heinrich Wefing Vorteile eines NPD-Verbots:
http://www.zeit.de/2012/50/NPD-Verbot-Pro-Contra